Schlaganfallbehandlung
Karotis- und intrakranielle Stenosen - aktueller Stand der Neuro-Interventionen
Der ischämische Schlaganfall ist eine häufige Todesursache, aber vor allem die am häufigsten zur Invalidität führende Erkrankung in unserer Gesellschaft. Eine der häufigeren Ursache für das Entstehen einer zerebralen Ischämie ist eine Stenose an den hirnversorgenden Gefäßen.
Die interventionelle Neuroradiologie beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den endovaskulären Therapiemöglichkeiten sowohl beim akuten ischämischen Schlaganfall als auch bei der prophylaktischen Behandlung der Stenosen an den hirnversorgenden Gefäßen.
Die technische Weiterentwicklung, das zunehmende pathophysiologische Wissen um die Abläufe beim Schlaganfall und die zunehmende Erfahrung der Interventionalisten hat dazu geführt, dass sich die Zahl neurointerventioneller Eingriffe bei Patienten mit zerebrovaskulären Durchblutungsstörungen in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat.
Neurothrombektomie
In der Behandlung des akuten ischämischen Schlaganfalls erlangt die endovaskuläre Therapie zunehmend an Bedeutung. In Fällen, in denen die intravenöse Thrombolyse kontraindiziert ist, keine klinische Besserung innerhalb der ersten Stunde nach i.v. Lyse eintritt oder ein langstreckiger Verschluss der großen intrakraniellen Gefäße mit hoher Thrombuslast vorliegt, ist die intraarterielle Therapie auch im 4,5- Stunden-Zeitfenster eine zunehmend akzeptierte Behandlungsoption. Wenn bereits mehr als 4,5 Stunden vergangen sind, ist die lokale intraarterielle Behandlung die einzige vaskuläre Therapieoption.
Thrombolyse
Die selektive intraarterielle Thrombolyse mit r-tPA birgt im Vergleich zur systemischen Gabe ein geringeres systemisches Blutungsrisiko und führt gleichzeitig zu einer höheren Wirkstoffkonzentration am Thrombus. Weitere Vorteile dieser Herangehensweise sind die genaue angiografische Darstellung der Gefäßanatomie einschließlich der Kollateralisation, der Verschlussmorphologie und –lokalisation sowie die Kombinierbarkeit mit der mechanischen Thrombektomie. Bei proximalen Verschlüssen mit großer Thrombuslast- wie einem Karotis-T-Verschluss – sind die Rekanalisationsraten allerdings gering. Weitere Nachteile der intraarteriellen Lyse sind z. B. interventionsassoziierte Komplikationen und die nicht ubiquitär zur Verfügung stehende interventionsradiologische Expertise.
Thrombektomie
Verschiedene Methoden der mechanischen Thrombekotomie zur raschen Rekanalisierung akuter Verschlüsse intrakranieller Arterien stehen inzwischen zur Verfügung:
- Aspirationsthrombektomiesysteme werden proximal des Gefäßverschlusses platziert und das Thrombusmaterial, meist unterstützt durch eine manuelle Fragmentierung des Thrombus, durch maschinelle oder manuelle Aspiration am Führungskatheter entfernt.
- Clot-Retriever-Systeme, die bis distal des Thrombus vorgebracht werden müssen, werden von mehreren Herstellern in verschiedenen Designs, die von korkenzieher- bis körbchenartigen Konfigurationen reichen, angeboten.
- Zunehmend kommen in jüngerer Zeit vor allem Stent-ähnliche Neurothrombektomiesysteme zum Einsatz. Ihre Rekanalisations- und klinischen Ergebnisse sind sehr vielversprechend.
Prinzip der Stent-Retriever
Diese Stent-Retriever sind selbstexpandierende Stents, die durch einen Mikrokatheter bis distal des Thrombus geführt und dort entfaltet werden. Als Führungskatheter werden entweder proximale Ballonkatheter oder sog. „distal access catheters“ verwendet. Der Stent wird in entfaltetem Zustand für einige Minuten im Gefäßlumen an der Stelle der Okklusion belassen, wobei eine zumindest partielle Rekanalisierung des verschlossenen Gefäßabschnitts erreicht wird, falls der Thrombus die Stentlänge nicht überschreitet. Unter manueller Aspiration am Führungskatheter wird der Stent dann mit aufgeladenem Thrombusmaterial geborgen (Abb.1). Wiederholte Einsätze („passes“) desselben Stent-Retrievers sind möglich. Stent-Retriever kombinieren den Vorteil einer raschen Wiederherstellung des Flusses im thromboembolisch verschlossenen Gefäßsegment mit der Möglichkeit der Thrombektomie. Die Risiken, die mit einer dauerhaften intrakraniellen Stentimplantation und der hierdurch notwendigen medikamentösen Thrombozytenaggregationshemmung verbunden sind, entfallen.